Eine Auftakthandlung – verschiedene Spielsituationen III

In diesem Artikel werden anhand einer Auftakthandlung einige daraus mögliche Spielsituationen dargestellt. Da es bei einer solchen Auftakthandlung für die Spieler wichtig ist, keinen alleinigen festen Plan im Kopf zu haben, sondern vielmehr auf das jeweilige Verhalten der Abwehr zu reagieren, sollten die unterschiedlichen Spielsituationen auch im Training aufgezeigt und durchgespielt werden.

Beispielhafte Spielsituationen für ein leeres Kreuzen zwischen Rückraum Links und Rückraum Mitte finden sich in einem früheren Artikel.

In einem weiteren vorherigen Artikel wurde die Auftakthandlung eines Kreuzens von Rückraum Mitte mit dem Kreisspieler gegen eine defensive Abwehr dargestellt und dafür einige optionale Folgehandlungen aufgezeigt.

Hier soll diese Auftakthandlung nun gegen eine offensive Abwehr beschrieben werden.

Die Auftakthandlung wird exemplarisch für die linke Angriffsseite beschrieben, ist aber natürlich ohne Einschränkung auf die rechte Angriffsseite übertragbar.

0: Die Auftakthandlung

Aufstellung:

Die Abwehr positioniert sich in einer 5:1 Deckung. Der Angriff spielt komplett besetzt dagegen. Besonderheit: Rückraum Mitte und Kreisläufer haben zuvor die Positionen getauscht. RM ist an den Kreis gegangen, während der Kreis für diese Auftakthandlung die Position auf der Mitte übernimmt. Eine weitere Option könnte sein, für diesen Angriff Rückraum Mitte gegen einen zweiten Kreis zu wechseln. Ein möglicher Vorteil dieser Variante wird unter Coaching-Tipps bei Übung 1 besprochen. Der Ball wird vor der Auftakthandlung durchgespielt, um in ein moderates Spieltempo zu gelangen. Beim Pass von Rechts Außen zur Rückraum Rechts tritt der Kreisläufer (RM) aus der Abwehr heraus und positioniert sich auf 9m. Mit Ballbesitz von Rückraum Mitte (KM) beginnt es.

Ablauf:

RM kreuzt mit KM auf Höhe des Vorne Mitte. Hierbei bieten sich direkt zwei Möglichkeiten: RM läuft an VM vorbei bzw. meidet den Kontakt. KM läuft einen größeren Bogen, um ebenfalls wenig Berührung zu VM zu haben.

Als zweite Option bietet es sich an, dass RM das 1:1 gegen VM sucht und ihn binden möchte, um direkt einen kleinen Platz- und Zeitvorteil für den kreuzenden KM herauszuspielen.

In beiden Varianten sollte KM zunächst einmal schauen, wie sich die Abwehr verhält und ob sich eine Wurfmöglichkeit aufgrund von Passivität oder eine Durchbruchsmöglichkeit mit einer möglichen Überzahl bis zum Rechts Außen ergibt (blaue 5). Ist dies nicht der Fall, spielt KM den Ball zu RR und nimmt seine Position am Kreis, bei Hinten Links an der Innenseite, ein (blaue 6). RM geht ebenfalls an den Kreis über (rote 5).

Coaching-Tipps:

Auch der Auftakt sollte im Training geübt und die Angreifer dann durch die Abwehr vor unterschiedliche Situationen gestellt werden. Als eine hier nicht eingezeichnete Variante könnte bei entsprechendem Abwehrverhalten folgendes möglich sein: RM läuft nicht unmittelbar an den Kreis zur Sperre, sondern bleibt im Bereich zwischen 9m und 7m. KM schafft es Hinten Mitte zu binden und könnte so, sollte HR nicht aufpassen, mit einem Rückpass eine Durchbruchsmöglichkeit für RM schaffen.

1:

Ablauf:

KM hat den Ball zu RR gespielt. Der Angriff spielt mit zwei Kreisläufern. Die Abwehr reagiert unmittelbar und VM folgt RM an den Kreis. Die Abwehr ist in eine 6:0 Formation übergegangen.

Ob nun in der Mitte so viel Platz ist, wie im Bild dargestellt oder ob es der Abwehr gelingt, kompakt zu bleiben: es ergibt sich im Angriff ein 4:4 mit zwei Kreisläufern.

Coaching-Tipps:

Diese nun herbeigeführte Situation lässt sich im Training gut üben. Auf der einen Seite im Kleingruppenspiel (roter und grüner Kreis), was isoliert trainiert werden kann. Gleichzeitig müssen die beiden Rückraumspieler aber auch wissen, wie sie zusammenspielen und gemeinsam Druck auf die Abwehr ausüben können (blaues Viereck)

  • Allen weiteren Handlungen vorangehen kann ein mehrmaliges Parallelspiel (mit Blick zum Tor und Wurfbereitschaft) der Rückraumspieler um die (evtl. unsortierte Abwehr) zu weiteren Absprachefehlern zu zwingen.
  • RR passt den Ball zu RL (schwarze 1). RL stößt über die Mitte (schwarze 2) und beobachtet das Verhalten der Abwehr. Schafft es KM die Sperre zu halten und tritt der Innenverteidiger heraus (graue 1), kann sich hieraus eine Anspielmöglichkeit an den Kreis ergeben.
  • RR passt den Ball zu RL (schwarze 1). Nach dem Stoßen von RL nach Innen (2) erfolgt ein weiterer Pass zu RR (3). RL bricht ab und stößt nun zwischen HR und AR (4) und erhält den Ball von RR zurück (5). KM wechselt die Sperre.
  • Ohne Zeichnung: RR passt den Ball zu RL. Auf der Seite von RL tritt KM leicht vor die Abwehr und erhält den Ball von RL. RL startet über die Mitte, überläuft IR um Druck auf IL auszuüben und erhält den Ball von KM. RR startet parallel, KM wechselt die Sperre.

Warum die Auftakthandlung mit zwei Kreisläufern?

Stehen einer Mannschaft zwei Kreisläufer zur Verfügung, könnte eine Alternative sein, die Auftakthandlung mit zwei Kreisläufern durchzuführen. Ein Vorteil wäre, dass innerhalb des Trainings positionsspezifischer geübt werden kann. Ansonsten würde ein Kreisläufer im Rückraum und ein Mittelmann am Kreis spielen. Dies ist selbstverständlich ebenso möglich, doch durch die geforderten individuellen Lösungen und das Verständnis für die jeweilige Situation kann die Erfahrung auf der jeweiligen Position zielgerichteter eingebracht werden.

Als Konsequenz daraus würde sich allerdings ergeben, dass möglicherweise bei Beginn der Auftakthandlung nicht unmittelbar eine spielerische Lösung gesucht, sondern stattdessen der Ball sofort zum Rückraum gepasst wird.

2:

Ablauf:

Nach dem Kreuzen und den Übergängen an den Kreis, reagiert die Abwehr und nimmt den Rückraumspieler der ballfernen Seite in Manndeckung.

Coaching-Tipps:

Dem Ball besitzenden RR und seinen Mitspielern ergeben sich nun folgende Optionen:

Schwarze Linie und Zahl:

  • Für alle Optionen wichtig: RL zieht sich aus dem Angriffsspiel zurück und orientiert sich zur Außenlinie. So haben die übrigen Spieler mehr Platz zur Verfügung.

Blaue Linien und Zahlen:

  • Da RL als Anspielstation gedeckt ist, bietet sich RA an und agiert als Linienaußen (1). Er erhält den Ball von RR (2). Im Anschluss an das Abspiel startet RR im Bogen über die Mitte und möchte HM zu einer Entscheidung zwingen (3). RA spielt den Ball zu RR (4). RA muss weiterhin anspielbereit bleiben, falls RR nicht selber auf das Tor werfen oder mit KM spielen kann. Im Training kann diese Spielsituation im 3:3 isoliert trainiert und mit den Spielern weitere Lösungen erarbeitet werden.

Grüne Linien und Zahlen:

  • RR spielt erneut mit RA, dieses Mal als Eckenaußen (1). RA stößt in die Lücke zwischen AL und HL (2), mit dem Ziel, HL zu binden (3). Derweil startet RR in einem großen Bogen über die Mitte auf HM (4) und erhält den Ball von RA (4). RA sollte nach dem Pass eine Position als Linienaußen oder sogar Rückraum Rechts einnehmen, da RR, sollte der Lauf über die Mitte keinen Erfolg bringen, isoliert ist und keine direkte Anspielstation mehr besitzt.

Rote Linien und Zahlen:

  • LA läuft von Eckenaußen in den Rückraum auf die Position Mitte (1) und erhält den Ball von RR (2). Gelingt es damit, die Abwehr zu überraschen, könnte ein Durchbruch, ein Torwurf oder ein Zusammenspiel mit dem Kreisläufer möglich sein. Rückt AR nach dem Einlaufen von LA gemeinsam mit HR ein (3), ergibt sich ein erneutes 4:4. (LA profitiert dann von den Trainingseinheiten zur Situation 1, wo er bereits die Position RL eingenommen hat).

3:

Ablauf:

Der Ablauf der Auftakthandlung wie oben beschrieben, mit zwei Unterschieden:

  • RM spielt den Ball nicht zum kreuzenden KM, sondern zu RL.
  • RM löst nicht an den Kreis auf, sondern bricht ab und dreht sich auf Höhe von 8m zu Rückraum Links um, um anspielbereit zu sein.

RL spielt den Ball zu KM (1). Es wird damit gerechnet, dass sich VM zunächst zu KM orientiert (rote 1). KM muss es gelingen, den Ball vorher wieder zu RL zurückzupassen (2), während dieser im weiten Bogen über die Mitte läuft (3). Im Zusammenspiel mit dem zweiten Kreisläufer und RR kann sich somit eine Überzahl auf der rechten Seite ergeben (4).

Wurde diese Variante mehrmals gespielt bzw. rechnet die Abwehr mit dem Lauf des RL über die Mitte, kann RL seinen Laufweg angleichen. Nach dem Pass zu KM (1) läuft RL gerade auf die Abwehr zu (blaue 2). KM passt den Ball zurück zu RL (blaue 3), der zwischen AR und HR stößt und HR binden möchte (blaue 4). KM bleibt anspielbereit und läuft in Richtung Kreis an die Seite von HM (blaue 5).

Coaching-Tipps:

Auch hier gilt es wieder das Verhalten der Abwehr zu beobachten. KM darf nicht von vorneherein den Rückpass zum RL im Kopf haben. Je nachdem, wie die Abwehr reagiert oder möglicherweise noch unsortiert ist, gibt es vielleicht auch die Möglichkeit, selbst das 1:1 oder den Torabschluss zu suchen. Auch ein Parallelpass zu Rückraum Rechts ist denkbar, welcher dann evtl. im Zusammenspiel mit dem zweiten Kreisläufer eine Überzahl auf der rechten Seite herbeiführen kann.

Im Training kann der Trainer die Entscheidungsfindung des Angriffs steuern, in dem er der Abwehr die Vorgaben macht, wie sie zu agieren hat. Die unterschiedlichen Situationen können so mehrmals durchgespielt und Optionen besprochen werden, bevor es an das freie Spiel geht.

von Jens R. / Redaktion: Goetz&Media | Sport

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