Nachdem in einem ersten Teil der Abwehrsysteme die 6:0 Abwehr besprochen wurde, wird nun im Folgenden die 5:1 Abwehr vorgestellt.
Auch im System der 5:1 Abwehr gibt es eine Vielzahl an Interpretationen und anhand der Fähigkeiten der eigenen Spieler ausgerichtete Möglichkeiten, wie die Vorgaben und Absprachen innerhalb des Abwehrverbandes am Ende gestaltet werden. Daher sind die hier vorgestellten Ideen nur eine von vielen möglichen Varianten, die schließlich zum individuellen Mannschaftsgefüge passen müssen.
Wie bereits bei der 6:0 Abwehr soll in dieser Variante der 5:1 Abwehr die aktive Verteidigung im Vordergrund stehen.
Allgemeines:
Im Unterschied zur 6:0 Abwehr gibt es in diesem System einen vorgezogenen Spieler, der vor dem kompakten Abwehrverband die Aufgabe hat, den Spielaufbau des Gegners bereits im Ansatz zu stören. Wie weit dieser vorgezogene Spieler sich aus der eigentlichen Deckung löst und in welchem Radius er agiert, ist die erste und dabei sehr weitreichende Variable innerhalb dieser Deckung.
Der vorgezogene Spieler kann in der Grundaufstellung an unterschiedlichen Stellen agieren. Nur sehr kurz vor dem eigentlich Abwehrverband positioniert und somit noch innerhalb von 9m; im Bereich von und vor 9m oder eben deutlich darüber hinaus bis hin zur direkten Linie auf der sich die Angreifer befinden. Klassisch steht der Vorgezogene zunächst dem RM des gegnerischen Teams gegenüber, bei einer versetzen 5:1 Abwehr orientiert er sich bereits beim Spielaufbau des Gegners in die Richtung von RL oder RR.
Ebenso kann der Aktivitätsgrad des vorgezogenen Spielers unterschiedlich bestimmt werden. Er kann die Aufgabe haben, den Spielaufbau, also z.B. jeden Pass von RL/RR zu RM stören zu wollen oder als vorgelagerter Spieler bereits früh die ersten Auftakthandlungen des Gegners, wie z.B. Kreuzbewegungen zu unterbrechen. Alternativ aber auch zunächst einmal abwartend die ersten Handlungen des Gegners zu beobachten, um auf dessen Spielweise und Passfolgen zu reagieren.
Prinzip 1:
Die hier vorgestellte 5:1 Abwehr möchte, wie auch schon die 6:0 Abwehr, mit einer aktiven Verteidigung den Gegner regelmäßig unter Druck setzen und den Spielaufbau kontrolliert stören. Die Grundaufstellung sieht den vorgezogenen Spieler dabei im Bereich vor 9m, der Abwehrverband dahinter verschiebt stark zur jeweiligen Ballseite. In diesem Fall tritt HR gegen RL heraus (2), nachdem dieser den Ball von LA erhalten hat (1). HM deckt den Kreisläufer und würde ihn, sollte KL hin HR laufen, begleiten.
Der Vorgezogene hat die Aufgabe, bei Ballbesitz von RL/RR den Passweg zum RM (unregelmäßig und kontrolliert) zu stören und RM im 1:1 zu verteidigen.
Prinzip 2:
Bei einem Auflösen des RM oder des RL/RR seiner Position an den Kreis, bleibt der vorgezogene Spieler vorne und sinkt nicht in den Abwehrverband zurück. Der Vorgezogene orientiert sich zu einem der beiden Rückraumspieler und nimmt diesen aus dem Angriffsspiel, in dem er möglichst dessen weitere Ballannahmen verhindert. Ziel ist die Isolierung einer Angriffsseite.
Gleiches gilt bei einem zweiten Kreisläufer, der als Einläufer von LA/RA in das Spiel gebracht wird. Der jeweilige Abwehrspieler orientiert sich in Richtung des Rückraumspielers, um hier den weiteren Spielfluss zu unterbrechen und das Angriffsspiel fortan komprimiert auf einer Seite zu halten.
Prinzip 3:
In unregelmäßigen Abständen, möglicherweise auf Kommando oder einer Spielsituation entsprechend, treten VM und AR/AL gegen ihre direkten Gegenspieler heraus. In der hier dargestellten Situation hat RL den Ball vor seiner Angriffsaktion geprellt und somit nur noch drei Schritte zur Verfügung. Dies ist das Signal für VM und AL die möglichen Passwege zu versperren und RL weiter unter Druck zu setzen. HL beobachtet RL und stellt den optischen Passweg zum nun sehr freien RA zu, so dass zumindest kein direkter schneller Pass in Richtung des Außenspielers möglich ist.
Coaching-Tipps:
Diese Variante der 5:1 Abwehr erfordert viel Laufarbeit und Absprachen. Bei (Auslöse-)Handlungen des Gegners muss jeder Abwehrspieler wissen, was seine Aufgabe ist, die Laufwege kennen und auch nach einer direkten Aktion im Abwehrverband weiterarbeiten. Durch das konsequente Verschieben zur Ballseite wird ein Anspiel an den gegenseitigen Außenspieler zunächst in Kauf genommen, durch den aufzubauenden Druck gegen den Passgeber aber auch aktiv verteidigt.
In den kommenden Beiträgen werden u.a. mögliche Lösungen gegen Kreuzbewegungen im Rückraum besprochen, sowie Trainingsformen für das 1:1 und 2:2 Abwehrverhalten und das spielerische Fördern der Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit
von Jens R. | Redaktion: Goetz&Media / Sport